Eine Sommerrunde mit der BMW R100R Mystik

Schon die ganze Woche freue ich mich auf den Samstag. Keine Aufgaben blockieren diesen Tag, so dass einer ausgedehnten Motorradtour nichts im Wege steht.
Das Motorrad wird von mir schon liebevoll auf die Ausfahrt vorbereitet, indem ich am Abend vorher den Ölstand checke und das Spritfass fülle. Geradezu zärtlich streiche ich zum Abschied noch über den noch warmen linken Zylinder der BMW R100R Mystic, bevor ich das Garagentor schliesse.
Ich schlafe nicht gut, weil ich ständig an den morgigen Tag denke. Ich freue mich riesig auf die erste richtige Tour in diesem Jahr. Bislang hatte immer die Zeit gefehlt oder das Wetter hat einen Strich durch die Planung gemacht. Das ist dieses Wochenende nicht der Fall. Der Wetterbericht sagt eine recht stabile, freundliche Lage voraus.

Der Morgen kommt. Ich frühstücke nicht, sondern ziehe meine Schutzkleidung an und starte den grossen Boxer. Die ersten Umdrehungen noch recht unwillig, setzt sich das Triebwerk in Gang, um dann nach einigen Augenblicken rund zu laufen. Mit einem leisen KLACK rastet die erste Fahrstufe ein und wir fahren los. Kurz nach dem Ortsausgang biegen wir links ab, um meine Hausstrecke in Richtung Allendorf unter die Räder zu nehmen. Kraftvoll zieht der 1000er Boxer aus den engen Kehren heraus. Auch das Motorrad fühlt sich an diesem herrlichen Tag wohl. Am Sorpestausee schwinge ich die kurvige Strecke am Treffpunkt vorbei, um einige Kilometer später am Möhnestausee die erste Rast einzulegen. Ich nehme mir ein belegtes Brötchen aus dem Koffer und giesse mir eine Tasse Kaffee ein. Der rote Lack des Tanks leuchtet mich in der Morgensonne an- ich fühle mich richtig wohl.
Am liebsten fahre ich mit dem Motorrad allein. Das heisst, nicht wirklich allein- ein Sozius darf schon dabei sein. Ich fahre nur nicht gern in einer Gruppe mit anderen Motorradfahrern. Bei der Fahrt in einer Gruppe geht ein Grossteil der Faszination, die von einem kraftvollen Motorrad ausgeht dadurch verloren, dass man sich mehr auf die Gruppe konzentrieren muss. Schöner ist da das schwungvolle wedeln auf kurvenreicher Strecke, wobei man dann die Einheit zwischen sich selbst und der Maschine am intensivsten erleben kann. Es gibt nur sehr wenige Motorradfahrer, mit denen ich gern unterwegs bin. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie annähernd den gleichen Fahrstil haben, wie ich selbst. Ich muss nicht auf sie achten. Wenn ich überhole, dann weiss ich, dass mein Partner für sich selbst fährt und nicht meinen Überholvorgang als Zwang sieht, auch vorbei fahren zu müssen. Niemand muss plötzlcih bremsen, weil der Vordermann unerwartet langsamer wird oder hinterherjagen, weil er übermässig beschleunigt. Es stellt sich eine durchweg flüssige Fahrweise ein. Heute jedoch bin ich ganz allein mit meiner R100 unterwegs. So macht es am meisten Freude.
Mit dem typischen Boxerrasseln schüttelt der Motor die Fuhre bei niedrigen Drehzahlen weiter entlang dem Südufer des Möhnesees. Die kurvige Strecke nach Hirschberg durch das Land der 1000 Ameisenhaufen ist für mich immer wieder ein Genuss. Kurz vor Hirschberg halte ich an einem VW-Bus an, aus dem ein Imker super leckeren Waldhonig verkauft. Ich packe ein Glas davon in den Koffer, bevor ich nach einem kurzen Plausch mit dem Imker nach Meschede weiter fahre. In Meschede biege ich rechts ab, um kurz später dem Ufer des Hennestausees zu folgen. Nach wenigen Kilometern zweigt dann eine kleine Strasse nach rechts ab und windet sich in einigen schwungvollen Biegungen hinauf zum Schürener Sportflugplatz. Dort angekommen schaue ich dem Treiben der Flieger auf dem Fluggelände zu, bevor ich nach etwa 30 Minuten den Motor wieder starte, das Kurvengeschlängel wieder zum See hinunterfahre und der Strasse weiter in Richtung Winterberg folge.
So ansprechend auch der Weg nach Winterberg ist- die Stadt selbst ist furchtbar. Ein Ausflugsort übelster Sorte. Touristen über Touristen scharen sich neben und leider auch auf den Strassen. Ich sehe zu, dass ich weiter komme. Ich sehe Schilder zum Ederstausee und folge ihnen.
Es scheint eine regelrechte Seentour zu werden …
Die Strasse führt vorbei an Rapsfeldern, Wäldern und kleinen Orten. So ist das richtig! Der Duft des herrlich gelb blühenden Raps steigert mein Wohlbefinden. Mensch und Maschine sind eins. Die BMW bollert genüsslich ihr Lied, wobei ich Tonlage und Takt vorgebe.
Speziell auf kurvigen Strecken überrascht mich immer wieder, wie sich die Piloten von sogenannten Supersportlern anstrengen müssen, um an uns vorbei zu kommen. Und das, obwohl ich eigentlich ruhig und gleichmässig, nicht jedoch langsam durch die Kurven wedele. Es braucht in meinen Augen keine extreme Leistung, um mit einem Motorrad seine Freude zu haben. Die 60PS der BMW reichen durchweg aus, solange wir uns auf Landstrassen bewegen. Das kräftige Drehmoment, sowie der durch den Motor vergleichsweise tiefe Schwerpunkt der Mystik fördern ein gelassenes, jedoch zügiges fahren. Allein Autobahnetappen sind nicht ihr Metier, wobei Autobahnen auch nicht zu meinen bevorzugten Strecken gehören.
cbr1100xx-grAuf diese BMW bin ich direkt von einer Honda CBR1100XX umgestiegen. Niemals habe ich bislang die immense Leistung der Honda vermisst, wobei der Leistungsunterschied immerhin mehr als 100PS beträgt.
Hier und heute ist aber keine Autobahnetappe angesagt, sondern genussvolle Stunden auf herrlich gewundenen Landstrassen. Hier fühlen sich sowohl die Mystik, als auch ich wohl. Bei mittleren Drehzahlen bollert der Boxermotor kraftvoll aus den zum Teil sehr engen Kurven heraus. Dabei erfreut sich das Ohr am typischen Klang der BMW. Es ist eine Freude!
Wir, das heisst die BMW und ich, brummen nun, nach einem kurzen Stopp an der Staumauer des Edersees weiter über Marburg nach Siegen. In Kreuztal wähle ich die Strecke durch Krombach. Nicht, weil ich das Bier aus der bekannten Brauerei so gern mag, ganz im Gegenteil, die Strecke von Krombach heraus in Richtung Olpe ist einfach schön zu fahren. Ortsausgang Krombach erlebe ich dann ein doch recht seltenes Phänomen: Kurz bevor ich dort ankomme muss es geregnet haben. Die Strasse ist noch vollkommen nass, jedoch scheint schon wieder die Sonne. In der Luft liegt der Geruch von Regen. Ich fahre nicht gern auf nassen Strassen, hier jedoch empfinde ich es, nicht zuletzt aufgrund des herrlichen Duftes, als äusserst angenehm, zumal ich ja auch nicht wirklich durch Regen fahre. Der Boxer nimmt es gelassen- er weiss, dass nach einer Regenfahrt auch die entsprechende Pflege folgt.
An Olpe vorbei fahre ich den Motorradfahrer-Treff an der Biggebrücke, direkt am Stausee, an.
Bei einem Schnitzel mit reichlich Zusatzausstattung und einer Cola lasse ich den Tag revue passieren. Solch ausgeglichene Touren, soviel steht fest, unternehmen wir leider viel zu selten. Es war ein super angenehmer Tag mit tollen Strecken, wenig Verkehr und ohne jeden Stress.
Von hier aus sind es jetzt nur noch knapp 20 Kilometer bis zur heimatlichen Garage, in die ich die BMW nach der Ausfahrt hineinschiebe.

Knisternd kühlt der Motor ab, während ich mich angenehm erschöpft noch einen Moment neben die Maschine setze und mit ihr anstosse.
Wir haben uns heute bestens verstanden! Ich freue mich auf die nächste Ausfahrt, Du auch? …
Hatte da nicht das Rücklicht kurz geflackert? Oder war es vielleicht doch nur die untergehende Sonne, die sich spiegelte …?

Dieser Beitrag wurde unter Touren veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

1 Antwort zu Eine Sommerrunde mit der BMW R100R Mystik

  1. Michael sagt:

    Toller Bericht,

    sehr schön geschrieben. Macht Vorfreude auf die bevorstehende Saison.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert