Honda CBR1100XX Super Blackbird

allendorfZur der Zeit, als mein Sohn ausgetragen wurde, habe ich meine damalige Suzuki GSF 1200 Bandit gegen eine Honda VT1100C ACE getauscht. Der Gedanke an die zukünftige Verantwortung hat mich damals zu diesem Schritt veranlasst.
Die VT1100 hatte dank dem Hubzapfenversatz akustisch grosse Ähnlichkeit mit einer Harley Davidson. Damit haben sich die Vorzüge dieses Motorrades für mich aber auch schon aufgezählt. Ich hätte damals lieber eine ausgedehnte Probefahrt machen sollen und mich nicht von der zugegebenermassen doch recht ansprechenden äusseren Erscheinung blenden lassen sollen.

Eine VS1400 gewohnt, wirkt die ACE recht schlapp. Zudem ist bei meiner Grösse die Sitzposition auf dauer recht ermüdend. Schnell machen sich Rückenschmerzen bemerkbar. Dazu kommt, dass ich den Auslöser der Bandit-Veräusserung schon kurz später nicht mehr nachvollziehen konnte, da letztlich nicht das Motorrad für unverantwortliche Fahrweise verantwortlich ist, sondern eindeutig der Fahrer.

Beim Motorradhändler im benachbarten Finnentrop drückte ich mir so ein paar Wochen später auch schon wieder einmal die Nase an der Schaufensterscheibe platt. Grund dafür ist eine Honda, die dort im Ausstellungsraum steht:

cbr1100-2Eine Honda CBR1100XX in einem herrlich tiefen Rot-metallic, taufrisch mit noch unter 10000km steht zum Verkauf. Wie so oft in der Vergangenheit handle ich wieder einmal kurzentschlossen und schlage zu. Die VT1100 wird also wieder abgegeben.
Am Tag der Abholung wähle ich aufgrund von fürchterlichem Regenwetter die Lösung, das zukünftige Motorrad mit dem Anhänger zu transportieren.

 

 

Die nächsten Tage sitze ich dann wie auf heissen Kohlen. Das Wetter ändert sich tagelang nicht. Morgens Sonnenschein, während ich beim arbeiten aus dem Fenster schaue. Pünktlich zum Feierabend setzt dann wieder der Regen ein. Ich war mir schon fast sicher, dass dieses Mistwetter-Phänomen unmittelbar mit der Stempeluhr geschaltet ist und wollte einfach nicht mehr abstempeln…
Dann aber ändert sich das Bild. Auf dem Heimweg freue ich mich diebisch über die trockenen Strassen und die aufreissende Wolkendecke. Nachdem das von meiner lieben Frau zubereitete Essen heruntergeschlungen ist (verzeih mir), gibt es keinen Halt mehr. Die Motorradkleidung wird angezogen und die Garage aufgesucht.
Sehr skeptisch schaut meine Frau mir zu, während ich den wuchtigen Brocken aus der Überdachung rangiere. Hmm, so mit reiner Muskelkraft bewegt kann ich mir selbst auch kaum vorstellen, dass auf den von mir so geliebten, verwinkelten Landstrassen viel Fahrfreude aufkommen kann. So weit bin ich aber noch nicht.
Auf den ersten Knopfdruck erwacht der grosse Motor zum leben.

amPass-2Ich bin überrascht, denn ein 164PS-Triebwerk im Motorrad hatte ich mir anders vorgestellt. Vollkommen sanft und unspektakulär säuselt der Vierzylinder vor sich hin. Kurze Gasstösse werden prompt, aber vollkommen ohne dem sonst häufig zu hörenden aggressivem Fauchen beantwortet.
Auch meine Frau, sie fährt ja selbst Motorrad, kennt die CBR aus der Presse und weiss um die enorme Leistungsfähigkeit. So bekomme ich beim Abschied zur ersten Ausfahrt mit der Double-X noch einen Kuss und die dringliche Ermahnung zur Vorsicht, da sie mich noch brauche.

Behutsam fahre ich dann auch los und begebe mich nach dem volltanken auf meine übliche Hausstrecke. Sofort überrascht mich der spontane Antritt der grossen CBR. Schon knapp über Leerlaufdrehzahl tritt der Motor sanft und leise, aber äusserst nachdrücklich an. Selbst im sechsten Gang ist ein fahren ab 1500/min möglich, ohne dass man dann als Verkehrshindernis wahrgenommen wird. Der Motor ist wirklich eine Wucht! Allein an die ungewohnt gestreckte Sitzposition muss ich mich erst noch gewöhnen.
Das jedoch geschieht schnell, denn dieser dicke Trumm von Motorrad überrascht mich bereits auf den ersten Kilometern mit einer unerwarteten Handlichkeit. Schon leichteste Lenkimpulse zeigen unmittelbar Wirkung und das Bike fällt willig in die gewünschte Schräglage. Kleine Fahrfehler, wie das zu schnelle einfahren in Kurven verzeiht die Maschine ebenso, wie das fahren im eigentlich falschen Gang. Sollte die Geschwindigkeit für eine Kurve nämlich wirklich einmal etwas zu hoch gewählt sein, stellt das hineinbremsen in die Biegung das Motorrad nicht nennenswert auf.
Überholvorgänge gelingen stets unerwartet zügig, meist sogar im letzten, dem sechsten Gang.
Alles in allem bietet die Doppel-X also ein sehr handliches, unkompliziertes, gutmütiges und deshalb sehr sicheres Fahrverhalten.
Mittlerweile ist der Motor warm, so dass ich die Drehzahl auch einmal etwas anhebe. Das Motorrad begeistert mich! Vollkommen unspektakulär wird eine in allen Belangen überzeugende Leistung freigesetzt. Auf einer langen übersichtlichen Geraden drehe ich einmal kurz den zweiten Gang aus. Puh … was war das? Wie an einem Gummiband gezogen schnellt das Fahrzeug voran, ohne dem Piloten bei einer gewissen Drehzahl einen Knüppel ins Kreuz zu schmeissen. Hier hat Honda wirklich einen super Job gemacht und einen absoluten Traummotor entwickelt. Stetig nimmt die Leistung druckvoll zu ohne aber einen wirklich aggressiven Leistungssprung zu haben. Dadurch ist das gebotene Leistungsvermögen der Maschine zwar enorm, jedoch zu jeder Zeit sicher einschätzbar. Daß das Fahrwerk zudem noch unglaublich fahrstabil ist und einen hervorragenden, durch nichts aus der Ruhe zu bringenden Geradeauslauf aufweist, setzt dem Cocktail das letzte Krönchen auf. Nach über 250km stelle ich am Abend die CBR wieder in die Garage, wo sie sich knisternd für die gebotene Bewegung bedankt.

Mein erstes Fazit:
cbr1100-1Die CBR 1100 XX ist ein superstarkes, superschnelles und sehr handliches Motorrad, dessen Leistungsreserven man ruhigen Gewissens nur in den seltensten Fällen anrührt. Es ist somit ganz sicher kein Fahrzeug für Anfänger oder Wiedereinsteiger, die ganz sicher von dem Gebotenen überfordert wären. Die Gefahr dabei ist nicht zuletzt auch die extreme Laufruhe des Motors, dessen Vibrationen durch zwei Ausgleichswellen auf einen zu vernachlässigenden Rest eliminiert werden. Nicht selten ertappt man sich dabei, dass man schneller unterwegs ist, als man eigentlich möchte. Hieran wird man sich aber schnell gewöhnen. Die entsprechen der Laufruhe des Motors sanft aber überaus druckvoll abgegebene Leistung in Verbindung mit dem super stabilen Fahrwerk stellt eine in dieser Klasse noch nicht erlebte Fahrbarkeit dar.
Einzige voraussetzung: Man muss sich selbst in der Gewalt haben, damit einem nicht die Gashand durchgeht. Dann nämlich bewegt sich die CBR auf öffentlichen Strassen innerhalb eines Augenblickes in absolut illegalen und dann auch gefährlichen Geschwindigkeiten und kann zum wilden Tier werden. Man darf nicht vergessen, dass bereits der erste Gang das Landstrassenlimit zu erreichen in der Lage ist. Der zweite Gang reicht dann bei allen Geschwindigkeitsbeschränkungen dafür, dass man die nächste Zeit auf Bus und Bahn angewiesen wäre, wenn man beim ausdrehen erwischt würde.

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