1997 verbringen wir unseren Urlaub in der Schweiz. Juliane fährt mittlerweile eine TDM850, ich mit meiner im Frühjahr neu gekauften neuen Suzuki GSF1200 Bandit.
Die Anfahrt in die Zentralschweiz (Andermatt) bringen wir dieses Jahr mit dem Auto hinter uns. Die beiden Motorräder haben wir auf einem Anhänger festgezurrt. Die Anfahrt zum Urlaubsort stellt sich daher nicht sonderlich interessant dar. Den Tag der Ankunft nutzen wir dann bereits zu einer kleineren Erkundungsfahrt in die Umgebung, wobei wir gleich eine der Eigenarten dieser Gegend kennenlernen:
1. Tag
Nachdem wir unsere Ferienwohnung bezogen und die Motorräder abgeladen haben, machen wir eine kleine Erkundungsfahrt in die nähere Umgebung. Da unsere Behausung direkt am Oberalppass liegt, fahren wir diese Strecke in Richtung Disentis. Dort zweigen wir ab auf eine schmale Schotterstrasse, die bergauf bis zu einem kleinen Stausee führt, der in meiner Karte nicht einmal verzeichnet ist. Während einer kurzen Pause auf dem Rückweg, die wir in einem Biergarten einlegen, haben wir gleich unser erstes Urlaubserlebnis. Mit einigen Verständigungsschwierigkeiten bestellen wir uns je einen großen Apfelsaft. Wir werden gefragt, ob wir diesen gern süss oder lieber sauer haben möchten. Süss hört sich irgendwie zu künstlich an, also wählen wir den sauren. Kurze Zeit später stehen dann auch zwei große Gläser auf dem Tisch. Beim kosten stellt sich dann aber heraus, daß es sich bei saurem Apfelsaft schlicht um 4,5%igen Apfelwein handelt. Die Weiterfahrt gestaltete sich danach recht unangenehm. Normalerweise trinke ich beim Motorrad fahren nicht einen einzigen Tropfen Alkohol! Als Motorradfahrer (dort Töff-Fahrer) sollte man also keinen sauren Apfelsaft bestellen.
2. Tag
Nach einem aufbauenden Frühstück setzen wir uns über Hospental in Richtung St. Gotthard in Bewegung. Selbstverständlich befahren wir nicht die neu ausgebaute, eigentlich gar nicht in die Landschaft passende Passtrasse, sondern biegen schon kurz über Hospental rechts auf die alte Gotthardstrasse ab. Diese Strecke, die als Strassenbelag alte Pflastersteine aufweist, sollte man bei Nässe jedoch mit äußerster Vorsicht genießen! Wir haben heute aber Glück mit dem Wetter und können daher der ansprechenden Landschaft viel Aufmerksamkeit zukommen lassen. Von der Passhöhe auf 2109m fahren wir dann das Val Tremola (das Tal des Zitterns) hinab. Von Airolo steigt die Strecke in Richtung Nufenenpaß wieder bergan. Nach einer kurzen Pause auf 2478m fahren wir weiter in Richtung Gletsch (einem ehem. Bahnhof der Furka Bergstrecke) von wo aus wir einen kurzen Abstecher auf den Grimselpass machen.
Danach erfolgt die Fahrt über den letzten heutigen Pass, dem Furkapass (2431m). Der Furkapass wird jedoch gerade ausgebessert und die z.T. aufgerissene Strasse fördert den Fahrspass nicht gerade.
3. Tag
Den dritten Tag beginnen wir wieder mit einer Fahrt über den Furka um dann über Brig, Domodossola und S. Maria Maggiore zum Lago Maggiore zu fahren. Dort merkt man sofort den Temperaturunterschied. Ebenso bemerkt man bereits kurz hinter der Grenze zu Italien, dass Italiener eine, für unser Empfinden, unmögliche Fahrweise an den Tag legen. An allen möglichen und unmöglichen Stellen wird ohne Rücksicht auf Verluste überholt. Man muss nicht mehr nur nach vorn schauen, sondern fast noch mehr in den Rückspiegel. Auch die Beschilderung in dieser Gegend läßt stark zu wünschen übrig. Die sehr hohe Temperatur hilft nicht gerade dabei, gute Laune zu behalten. Es ist heute sehr schwül. An einem kleinen Lokal kehren wir ein und genehmigen uns eine kalte Coke. Wir freuen uns jedenfalls, als wir einige Kilometer später den St. Gotthard hinauffahren und mit jedem Höhenmeter die Temperatur wieder auf angenehmere Werte zurückgeht.
4. Tag
Aus Andermatt fahren wir die Schöllenenschlucht hinab. Dort sind gleich zu Anfang die drei Brücken interessant anzusehen: 1.die alte Teufelsbrücke, 2.die neue Strasse und 3.die Eisenbahnbrücke. Von Wassen aus fahren wir dann links den Sustenpass über eine schöne Bergstrecke mit langen Kurven hinauf. Nach dem Scheiteltunnel auf 2224m haben wir dann einen wunderbaren Blick auf den Steingletscher. Nach einer kurzen Pause geht es dann talwärts und weiter bis zum Brienzer See. Dort machen wir eine längere Pause und lassen einfach mal die Seele baumeln. Dann fahren wir weiter entlang gewaltiger Felswände auf bestens ausgebauter Strasse hinauf zum Grimselpass (2165m). Riesige Stauseen mit michigem Gletscherwasser dominieren das gewaltige Bild. Im krassen Gegensatz dazu steht der tiefblaue Totensee auf der Paßhöhe. Nach einer Tasse heisser Schokolade fahren wir über die mittlerweile bekannte Strecke nach Gletsch und weiter über den Furkapass wieder zurück nach Andermatt zu unserer Behausung.
5. Tag
Wieder starten wir durch die Schöllenenschlucht hinab und über Altdorf auf den Klausenpass (1948m). Trotz seiner eigentlich geringen Höhe hat der Klausenpass durch seine, der Landschaft angepassten Streckenführung seinen Reiz. Der Weg führt uns weiter bis zur Kantonshauptstadt Glarus, von wo aus wir links in die Klöntaler Schlucht abbiegen. Nach einigen Kilometern erreichen wir den herrlich gelegenen Klöntaler See. Wir können, auch aufgrund des hervorragenden Wetters, nicht wiederstehen und nehmen ein erfrischendes Bad in dem See. Nach einiger Zeit fahren wir dann weiter zum Pragelpass (1550m). Sehr schmale Strassen in einer wunderschönen Landschaft machen selbst diesen vergleichsweise niedrigen Überweg zu einem Erlebnis. Über Schwyz fahren wir dann entlang dem Vierwaldstätter See mit wunderbaren Ausblicken zurück nach Andermatt.
6. Tag
Heute ein längerer Weg. Den Oberalppass hinauf und über Reichenau zum St. Bernardinopass (2065m). Viele gut ausgebaute Kehren bereiten viel Fahrspass. Weiter dann über Bellinzona und dem Lucomaier Pass (1916m) zurück nach Andermatt.
7. Tag
Wir legen einen Motorradfreien Tag ein. Wir wandern von Andermatt durch den Gurschenwald bis zur Mittelstation der Gemstock-Seilbahn. Dabei überwinden wir einen Höhenunterschied von 774m. Von der Mittelstation fahren wir mit der Luftseilbahn hinauf auf den Gemstock (2963m) was weitere 751m Höhendifferenz ausmacht.
8. Tag
Die Schöllenenschlucht fahren wir wieder einmal hinab nach Göschenen und dort nach links zum Göschenen Oberalp-Stausee. Auf dem Weg dorthin entdecken wir einen wunderschön gelegenen Campingplatz (sollte hier vielleicht einmal ein Motorradtreffen stattfinden?). Nach einer längeren Pause fahren wir wieder zurück über Andermatt auf den Oberalppaß, wo wir es uns kurz nach der Paßhöhe oberhalb der hinabführenden Serpentinenstrecke gemütlich machen. Da es Sonntag ist, kommt an dieser Stelle für uns, als Motorradinteressierte, keine Langeweile auf. So lassen wir den Tag ausklingen.
Zusammenfassend können wir nun sagen:
Die Schweiz ist ein furchtbar teures Pflaster!
– Pommes mit Cetchup : ca. 10.-DM
– Tüte Chips : ca. 8.-DM
Die Schweiz ist aber genauso auch ein Landschaftlich äusserst reizvolles Land, das vor allem dem Auge viel bietet. Durch die fast durchgängig gut ausgebauten Strassen kommt auch der Fahrspass mit dem Motorrad nicht zu kurz.
Alles in allem, nicht zuletzt aufgrund des guten Wetters, war es ein herrlicher Urlaub!