Harz 1989

Die Yamaha SRX 600 ist das Motorrad, mit dem ich erst richtig das Motorrad fahren erlernte. Ich war oft mit Bekannten unterwegs und lernte speziell beim hinterher fahren hinter erfahrenen Motorradfahrern. Hier bekam ich erst die Sicherheit bei Schräglagen, da ich jetzt erst bemerkte, welch Reserven die Reifen noch boten. Jede freie Stunde war ich in dieser Zeit mit dem Motorrad unterwegs und ich merkte richtig, wie ich nach und nach eins mit der Maschine wurde.

Viele Touren allein, sowie auch mit Bekannten, haben das Jahr 1989 zu einem sehr interessanten Motorradjahr gemacht.
Eine besondere Tour ist mir auch heute noch immer deutlich in Erinnerung:


Harz 1989
Freitag abend, ich sitze nach einer anstrengenden Woche gemütlich am Fernseher als es plötzlich an der Tür klingelt. Es ist Hans, ein Motorradkumpel, der mit seiner CB1100 Super Bol´d or vor der Türe steht. Ich lasse ihn herein und setze schnell einen Kaffee auf.
Schnell kommt er zur Sache: Der Wetterbericht sagt herrliches Wetter voraus, das Wochenende steht vor der Tür, was hält uns noch hier? Sein Vorschlag: wir fahren gleich morgen ganz früh nach Warburg. Hans rennt bei mir offene Türen ein. Nach so einer Woche voller Stress und Ärger sind ein paar Tage, die ich raus komme eine angenehme Abwechslung. Schnell sind Sachen gepackt und das Zelt verstaut.
Samstag früh fahren wir dann auch wie geplant los. Wir entschließen uns, um erst einmal Kilometer zu fressen, die Autobahn zu nutzen. So kommen wir unserem Ziel schnell näher. Warburg ist schnell erreicht, zu schnell. Es ist gerade um die Mittagszeit als wir ankommen. Da der ganze Tag noch vor uns liegt, entscheiden wir, daß wir weiter in Richtung Harz fahren. Dort angekommen, kaufen wir in einem Zeitschriftenladen eine Touristenkarte der Gegend. Nun fahren wir eine Strasse nach der anderen im Westharz ab. Der Ostharz ist uns diesen Sommer noch nicht zugänglich. Erst ende diesen Jahres sollen die Stacheldrahtzäune fallen. Aber das weiss zu dem Zeitpunkt noch niemand. Heute schauen wir von Aussichtspunkten noch in das „Ausland“.

Die traumhaft kurvigen Straßen des Harzes nehmen uns voll in ihren Bann. Wir verfahren uns, sind aber in keinster Weise darüber verärgert. Nein, ist doch toll, so dürfen wir diesen atemberaubenden Streckenabschnitt nochmals unter die Räder nehmen. Irgendwie wird es später Abend, als wir merken, daß die Campingplätze bereits ihre Tore geschlossen haben. Nach 22:00 Uhr fahren wir die Staumauer des Sösestausees an, um Pause zu machen und über ein geeignetes Nachtquartier nachdenken. Dort werden wir bereits von einer Horde Jugendlicher erwartet, die dort Party machen. Ihren Ghettoblaster versorgen sie über den Aussenanschluss eines Kiosk, der sich an der Staumauer befindet. Alle paar Minuten spricht die Alarmanlage des Kiosk an, deren Lautstärke aber nicht ausreicht, die Musik zu übertönen. Irgendwie ist hier alles anders. Der Lärm stört hier niemanden und die Polizei bleibt auch in ihrem Lager.
Angesprochen auf eine Möglichkeit, unser Zelt aufzuschlagen antwortet einer der Partylöwen, dass sich gegenüber der Straße, ungefähr 200m durch den Wald eine Lichtung befindet, wo wir unsere Behausung aufstellen könnten.
Hans und ich tauschen Blicke aus, die einstimmig entscheiden, daß wir unsere Maschinen HIER nicht abstellen und lieber einen anderen Platz suchen. Wir fahren also weiter bis in den nächsten Ort. Dort finden wir ein Bushäuschen, vor das wir unsere Motorräder postieren und uns auf den Bänken in unsere Schlafsäcke verkriechen. So ist uns das doch sicherer. Eine kurze Zeit strahlen die luftgekühlten Motoren noch ihre Wärme ab. Es ist eine klare, kalte Nacht aber trotzdem schlafen wir gut. Lustig sind am nächsten Morgen die Blicke der vorbeifahrenden, die offensichtlich noch nie die Bushaltestelle als Pension mißbraucht gesehen haben.
Zum Frühstück fahren wir den Bäcker im Nachbarort an. Dort trinken wir unseren morgendlichen Kaffee und essen ein paar Brötchen. Gestärkt schauen wir dann auf unsere Karte und suchen nach Straßen, die wir gestern noch ausgelassen haben. Die fahren wir dann heute noch ab, bevor wir uns wieder auf den Heimweg machen. Mittags tanken wir und sehen direkt neben der Tankstelle eine Wiese. Hier hauen wir uns einen Moment hin, um nach fast zwei Stunden Schlaf weiterzufahren. Am frühen Abend sind wir wieder zu Hause und froh, diesen Trip unternommen zu haben. Speziell die noch sehr geringe Verkehrsdichte im Harz hat uns gefallen. So eine ruhige Tour werden wir wohl jetzt, nach der Wiedervereinigung, in dieser Gegend nie wieder erleben.

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